Weichen auf meiner Anlage
Auf meiner Anlage wird durchgängig Schienenmaterial von PECO Code 55 verwendet. Dieses Material aus Großbritannien hat eine ansprechende Optik durch sein nur etwa 1,4 mm hohes Schienenprofil, und dennoch können alle meine Triebfahrzeuge und Wagen der Großserienhersteller problemlos darauf fahren. Das ist möglich, weil Peco den Schienenfuß in die Schwellen einspritzt und die Kleineisenimitation auf der Schieneninnenseite nur angedeutet wird.
Prinzipdarstellung der Konstruktion des PECO Code 55 - Gleises. Grafik: Modellbahn-Digital-Versand-Radtke (MDVR) |
Es erscheint zwar anachronistisch, auch im 21. Jahrhundert Selbstverständlichkeiten als Vorteil herausstellen zu müssen. Aber gegenüber den teilweise über 30 Jahre alten Gleisen der Hersteller aus Deutschland und Österreich hat das PECO-Gleissystem (Code 55) eine Reihe von Vorzügen:
- niedriges Gleisprofil (ca. 1,4 mm)
- leicht zu verarbeitende Flexgleise, wahlweise mit Holz- oder Betonschwellen
- schlanke 10° Weichen
- drei verschiedene Weichenradien (305 mm, 457 mm und 914 mm)
- vorbildnahe 10° Doppelkreuzungsweichen, auch EKW's
- 10° Bogenweichen mit großem Radius (914mm außen /457 mm innen)
- 10° Außenbogenweiche (Y-Weiche) (Radius 610 mm)
- Doppelte Gleisverbindung ("Hosenträger")
- Asymmetrische Dreiwegeweiche (seit Herbst 2011 im Handel)
- alle Weichen mit stromleitenden Herzstücken
- geringer Paralellgleisabstand (26,5 mm)
- es können (fast) alle Loks mit "normalen" Spurkränzen (sogen. "Pizzaschneidern") auf den niedrigen Gleisprofilen gefahren werden, ohne dass die Spurkränze abgedreht werden müssen
Wer sich hingegen den Selbstbau - gegebenenfalls mit Hilfe von Fertigteilen und Schablonen einiger Kleinserienhersteller - zutraut, für den ist Code 40 ein Muss - ein Gleis, welches das Bedürfnis nach Ästhetik noch mehr befriedigt, gibt es zur Zeit nicht.
Eine Anleitung dazu findet man bei Jens Emmermann.
Für alle, die Code 40 zum Träumen bringt, die sich aber den Selbstbau nicht zutrauen, gibt es bei Mago finscale auch fertig gebaute Weichen und Schienen zu kaufen. Die Preise sind allerdings nicht ganz ohne, aber gerechtfertigt. Schließlich muss man berücksichtigen, dass es sich hierbei nicht um industrielle Serienprodukte in großer Stückzahl handelt, sondern dass jedes Exemplar von Hand einzeln und exakt nach Vorbildmaßen hergestellt wird.
Einen kleinen Eindruck vom Unterschied Code40 zu Peco Code55 vermitteln die Bilder, die Uwe Moser auf seiner website veröffentlicht hat.
Die Weichen von PECO besitzen ein Herzstück aus Metall, wodurch gewährleistet wird, dass es auf der gesamten Weiche keine Stromunterbrechung gibt, auch nicht im Bereich des Herzstückes. Gewöhnliche Weichen anderer Hersteller weisen im Bereich des Herzstückes noch häufig ein Plastikstück auf, welches für eine Isolierung der beiden Weichen-Stränge sorgt. Das hat einerseits den Vorteil, dass man sich bei der Verlegung keine weiteren Gedanken über die Polarität der weiterführenden Schienen machen muss. Der gravierende Nachteil liegt aber - neben der unsäglichen Optik - darin, dass in diesem Bereich keine Fahrstromversorgung stattfindet, was vor allem Loks mit kurzem Achsstand gern mit Stehenbleiben quittieren, insbesondere bei Kriechfahrt.
Fleischmann und Trix bieten zwar seit ein paar Jahren ihre Weichen auch mit Metallherzstück an, aber die Optik dieser Weichen vermag nicht unbedingt zu überzeugen. Ebensowenig sind die Bogenweichen zu empfehlen. Fleischmann bietet sie nur zur Verbindung von Radius 1 und Radius 2 an, also Radien, die schon aus optischen Gründen aber auch wegen mangelhafter Betriebssicherheit ohnehin ein Tabu sein sollten. Es leuchtet ein, dass eine Weichenverbindung zwischen diesen Radien die Betriebssicherheit nicht zu steigern vermag, sondern nach aller Erfahrung ist eher das Gegenteil der Fall. Und was überhaupt nicht geht: Die Doppelkreuzungsweichen dieser Hersteller! Das sind wahre Trümmer und eine optische Beleidigung in jedem Gleisverlauf! Wenn man nicht wüßte, dass das eine DKW sein soll, müsste man rätseln, was das ist; denn eine Ähnlichkeit mit einer Vorbild-DKW ist nicht im Entferntesten zu erkennen.
Die 10°-Weichen sind - auch beim Befahren längerer Weichenstraßen - sehr betriebssicher. Mit den unterschiedlichen Radien lassen sich schon sehr ansprechende Weichenstraßen bauen, die sich wohltuend von dem häufig uniformen Bild unterscheiden, das sich bei Verwendung der Einheitsweichen mit 15° Abzweigwinkel und einheitlichem Radius ergibt. Allerdings eignet sich PECO-Material nicht für einen fliegenden Aufbau, weil - zumindest in Code 55 - nur Flexgleis angeboten wird (Stand: 10/2011). Siehe auch: Peco-Gleisgeometrie
Im Grunde ist es ein Trauerspiel: Während bei den Triebfahrzeugen Detailierung und Fahreigenschaften stetig verbessert wurden (vorläufiger Höhepunkt der Konstrukteurkunst: Fleischmanns BR 70), gab es bei den Gleissystemen weitestgehenden Stillstand, so dass die großenteils hervorragenden Triebfahrzeuge weiterhin über technisch und optisch nicht einmal annähernd gleichwertige Gleise rumpeln müssen. Und besonders ärgerlich ist es, dass diese total veralteten Gleise und Weichen ein Vielfaches von dem kosten, was man für Peco-Material auf den Tisch legen muss.
Meiner Meinung nach täten daher die hiesigen Modellbahnhersteller gut daran, nicht unnütz in jeweils eigene Gleissysteme zu investieren (laut Aussage von Herrn Fleischmann auf der Kölner Messe 2006 eine Millioneninvestition). Besser wäre es doch, wenn sie einheitlich das PECO-System übernähmen und anbieten würden. Das würde dann Peco sicherlich in die Lage versetzen, noch preiswerter anzubieten und vielleicht auch den einen oder anderen Wunsch der kontinentalen Modellbahner an das Gleissystem zu erfüllen.